DIE SONNENSCHEIBEN AM KÖNIGSTEIN

Viele tausend Jahre ist es her, dass sich der Teufel mit dem lieben Gott um die Erde stritt und ausgemacht wurde, dass der Teufel alles Land behalten solle, was er in einer Nacht vorm Aufgang der Sonne mit einer Mauern umbauen könne. Doch jedes Mal, kurz bevor das höllisch-gewaltige Bollwerk vollendet ward, fielen die ersten Sonnenstrahlen darauf und alles stürzte wieder und wieder polternd in sich zusammen.

"Du Trottel, wie schiet-erbärmlich sieht das denn aus?", schrie des Teufels Großmutter als sie das Ergebnis sah. Wütend spuckte sie vor ihres gehörnten Enkels Pferdefuß. "Schämen müsst ich mich deinetwegen, Nichtsnutz! Doch bevor du wieder in deine Heuscheune gehst und flennst, so dass ein Wasserfall zur Bode schießt, will ich dir einen alten Zauber verraten. Damit kannst du die Kraft der Sonne brechen!"

Der Teufel sollte nun genau sieben Tage lang am Königstein bei Westerhausen warten. Wenn dann die Sonne aufgehen würde, sollte er schnell mit seinen langen Fingernägeln ihr Abbild aus dem Felsen ritzen, diese Steinscheibe abreißen und mit einem Zauberband an die nächste Birke binden. Wenn er das täglich wiederholen würde, wäre mit der siebten Scheibe die Sonne gebannt. Ja mehr noch: Er hätte die Macht über den goldenen Stern und könne selbst entscheiden, wann sie auf- und untergehen solle. Somit könne ihr Enkel eine solch gewaltige Mauer bauen und sich alle Zeit der Welt lassen und kein Hahn würde danach krähen.

Gesagt getan: Die ersten drei Morgen bracht der Teufel die Sonnenscheiben aus dem Felsen, den wir heute "Kamel" nennen. Am vierten Tage aber, war die Sonne nicht zu sehen. Dicke, schwere Wolken hatten den Himmel verhangen und er konnte die Zahl Sieben aneinanderhängend nicht erreichen.
Am nächsten Morgen schien wieder die Sonne, Urian fertigte eine Scheibe und band sie an eine Birke, doch schon am nächsten Tag war solch dichter Nebel, dass man die Hand vor Augen nicht erkennen konnte.

Allmählich wurden nun auch die Westerhäuser auf die seltsamen Scheiben und Löcher im Felsen aufmerksam. "Wie kommt das nur?", fragten sie sicher verwundert mit jeder neuen Ritzung die dazu kam. Und es kamen noch Einige. Sieben Scheiben hintereinander zu fertigen, dass aber hat Urian nie vollbracht und sitzt nun und schmollt und heult im Hexenwald. Seinen Wasserfall könnt ihr im Kästental noch heute sehen.

 

(aufgeschrieben von Carsten Kiehne, nach Körner im "Der Königstein und seine Geheimnisse")