Die Sage vom Zwergloch bei Lautenthal

 

„SPAR DIE MÜH“       

Im Bielstein, nordöstlich der alten Bergstadt Lautenthal, wohnen die Zwerge. Da wo die Innerste einen Bogen macht, liegt kurz darüber eine Höhle, von den Lautenthalern das „Zwergloch“ genannt, doch niemand traut sich heute mehr dorthin.

Früher kamen die Menschen des Ortes regelmäßig hierher und verstanden sich gut mit den Zwergen. Man tauschte Waren, brachte den Zwergen Speisen und bekam von ihnen für Hochzeiten und Kindstaufen goldenes Geschirr ausgeliehen. Einmal aber, brachten es die Menschen nicht zurück. Andere sagen, sie hätten es schmutzig wieder vors Zwergloch gestellt. Seit diesem Tage grollen sie den Menschen und lassen sich nicht mehr sehen. Versucht noch jemand Geschirr zu borgen und ruft in der Not „Bitte helft“ ins Zwergloch hinein, so hört er von weit hinten aus der dunklen Tiefe nur „Spar-die-Müh!“

Auch spielen die Zwerge den Menschen jetzt gerne Streiche, verstecken Autoschlüssel, leeren Rucksäcke, die man leichtfertig zur Pause am Bielstein abstellte oder bewerfen die Wanderer mit Kienäpfeln. Als ein Bergmann vor zweihundert Jahren oder mehr einen Stollen anlegen wollte, den ganzen Tag grub und das lose Gestein ausfuhr, sah er am anderen Morgen, dass alles wieder eingeschurrt und das Mundloch dergestalt geschlossen war, als hätte er nie dort gegraben. Jeden Tag versuchte er’s aufs Neue, immer mit dem gleichen Ergebnis: Am anderen Morgen sah alles so aus, als wäre er niemals hier gewesen. „Spar-die-Müh“, sagten da die Lautenthaler, die Zwerge werden uns wohl ewig übel mitspielen.

 

 

(aufgeschrieben von C. Kiehne nach Grässe)