DIE ULENBURG (bei Derenburg)

Die Ulenburg war einst heiliger Tempel der Hexen – hierher kamen die Zauberweiber von nah und fern, um die Botschaften der Hexengroßmutter zu hören. „Kuwitt – kuwitt“, hörte man eine Eule nachts über Derenburg schreien, wenn es neue Kunde aus dem Harzwald gab. Sah man sie aber am Tage, zeichnete es sich ab, dass eine Seuche die Leute heimsuchen, oder eine Feuerbrunst ihre Häuser fressen würde. Wer der Eule in die Augen sieht, müsse sterben, glaubte man.

„Kuwitt – kuwitt“, rief die Eule schauerlich – „Komm mit, komm mit!“, verstanden alle Hexen Derenburgs, schlichen nachts aus den Kämmern ihrer Ehemänner und eilten zur uralten Ulenburg. Gemieden ward die Stelle strikt von den einfachen und frommen Leuten.

... Auf dem Opferaltar saß sie schon, die große, weiße Eule und wartete und waren alle Hexen versammelt, verwandelte sich das dämonische Tier und des Teufels Großmutter stand auf dem Felsen. Die zu spät Kommende wurde gescholten, geschlagen und als Lustsklavin bis zum nächsten Treffen gehalten, flüstert man leise.

Wen sollte es da verwundern, dass in Derenburg immer wieder manch‘ Hexerei zum Vorschein kam?
Am 01. Oktober 1555, gestand eine schöne Frau mittleren Alters, die „Gröbische“ genannt, dass sie 11 Jahre lang mit dem Teufel gebuhlt hätte. Als man sie auf den Scheiterhaufen stellte und das Feuer entzündete, sei eine riesenhafte Eule erschienen und hätte sie vor aller Augen in die Lüfte genommen und fortgeführt. Ihr teuflischer Liebhaber ließ sie holen, weil sie ihm so gute Dienste erwiesen, sagten die Derenburger.

 

(aufgeschrieben von Carsten Kiehne nach Merckel, 1555)